AA statt FF

Es klingt wie die Bewertungskürzel einer Ratingagentur. Im Zusammenhang mit dem BBC COBURG drücken die Buchstabenkombinationen jedoch keine Bonitätsveränderung aus, sondern beschreiben einen Wechsel im Spielerkader: Für Fabian Franke, der aufgrund beruflicher und familiärer Beanspruchung eine Saison aussetzt, stößt der US-Amerikaner Anell Alexis zu den Vestestädtern.

Bereits im Mai war Franke, der in der Meistersaison mit über 20 Punkten und fast acht Rebounds pro Partie zu den absoluten Führungsspielern beim BBC gehörte, mit der Bitte an die Verantwortlichen herangetreten, seinen neuen Lebensumständen – er wurde unlängst zum zweiten Mal Vater und wagt beruflich den Schritt in die Selbständigkeit – Rechnung zu tragen und seine zeitliche Belastung, aber auch seine Bezüge für die anstehende Runde zu reduzieren. Monatelang feilten Trainerstab, Spieler und Mannschaftskollegen an einer gangbaren Lösung, nur um sich schlussendlich eingestehen zu müssen, dass eine solche nicht zu bewerkstelligen sein würde.

„Wir sind gemeinsam zum Ergebnis gekommen, dass gerade angesichts des größeren Aufwands in der 2. Bundesliga ProB kein für alle Seiten zufriedenstellender Kompromiss in Sicht ist und haben uns daher entschlossen, die Zusammenarbeit vorerst bis zum Saisonende auszusetzen“, erläutert BBC-Cheftrainer Simon Bertram, der den Verlust seines Leistungsträgers bedauert: „Mit Fabian verlieren wir einen erfahrenen Anführer, der in schwierigen Situationen Verantwortung übernimmt und sich nicht scheut auch unangenehme Dinge anzusprechen.“

Franke selbst fällt der Abschied ebenfalls nicht leicht: „Ich habe im Sommer 2016 einen Zweijahresvertrag unterschrieben, weil ich das Projekt „Basketball in Coburg“ langfristig begleiten und mitgestalten wollte. Deshalb ist es nicht einfach für mich, diesen Plan jetzt aufzugeben oder zumindest zu unterbrechen, aber es hat keinen Zweck, ein Provisorium zu erzwingen, das zum Scheitern verurteilt ist. Ich wünsche dem BBC eine schöne und vor allem erfolgreiche Saison, und werde die Heimspiele natürlich aufmerksam mitverfolgen und die Jungs frenetisch anfeuern.“

Manuel „Bobby“ Fischer, Geschäftsführer der BBC COBURG Spielbetriebs GmbH, lobt die Professionalität des Rödentalers: „Fabian hat uns zu jedem Zeitpunkt reinen Wein eingeschenkt. Wir trennen uns im Guten und können uns weiterhin gegenseitig in die Augen schauen.“ Alle Beteiligten betonen, dass die Trennung keineswegs endgültiger Natur sein muss: „Die Tür steht jederzeit offen und sollte sich Fabians Lage etwas entzerren, ist er herzlich willkommen, sich uns wieder anzuschließen“, so Headcoach Bertram.

Anell Alexis – Sohn einer BBL-Legende und „Local Player“

Der Wegfall eines zentralen Bausteins der Teamarchitektur veranlasste Bertram und seinen Sportlichen Leiter Matthias Haufer, den Transfermarkt noch einmal zu sondieren. Mit einiger Überraschung stellten die Coburger Kaderplaner fest, dass bis dato offenbar kein Ligakonkurrent den Namen Anell Alexis auf dem Einkaufszettel notiert hatte. Der knapp zwei Meter große US-Amerikaner hatte in der Saison 2015/2016 für die Reserve der Eisbären Bremerhaven in der 1. Regionalliga Nord im Schnitt 22,7 Punkte erzielt und 8,6 Abpraller gepflückt. Starke Zahlen, aber zunächst einmal kein für den BBC COBURG interessantes Spielerprofil, zumal bereits zwei US-Boys im Kader stehen und die erlaubte Höchstzahl damit erreicht ist.

Der Clou? Als Sohn der ALBA Berlin-Legende Wendell Alexis, der den Bundeshauptstädtern von 1997 bis 2002 sechs Meisterschaften und drei Pokalsiege bescherte und viermal zum BBL-MVP gewählt wurde, spielte Anell als Kind und Jugendlicher beim TuS Lichterfelde und erfüllt damit die Anforderungen an einen sogenannten „Local Player“, belastet also nicht das Ausländerkontingent der Oberfranken.  „Wir haben uns bei der Liga erkundigt und seinen Status verifiziert“, versichert Haufer, der Alexis am Samstag vom Frankfurter Flughafen abholte und direkt zum Testspiel in Hanau chauffierte, dem er als aufmerksamer Zuschauer beiwohnte.

Trainer Simon Bertram freut sich über die weitere Verstärkung: „Anell ist in Deutschland aufgewachsen, kennt das Land und spricht die Sprache. Er kann zum Bindeglied zwischen unseren Amerikanern und den deutschen Spielern werden. Auf dem Parkett erwarte ich von ihm, dass er uns durch seine Schnelligkeit und Athletik noch mehr Verteidigungsoptionen geben wird und offensiv sowohl in Brettnähe als auch von außen Gefahr ausstrahlt. Er kann von Position zwei bis vier alles spielen und passt mit seiner Vielseitigkeit sehr gut zu unserem sonstigen Kader. Ich habe viel mit ihm telefoniert und für uns beide sind Siege das wichtigste. Wir haben jemanden gesucht, der übernehmen kann, wenn er muss, aber sich auch zurücknehmen kann und will, wenn andere Teamkollegen „heiß“ sind.“

Der Neuzugang selbst hat sich ebenfalls umfassend über seinen neuen Arbeitgeber informiert: „Nachdem der Erstkontakt aus Coburg kam, haben sich in der Folge auch andere Klubs aus der ProB gemeldet, die zum Teil ein höheres Gehalt geboten haben. Trotzdem habe ich mich für den BBC entschieden, weil bei den Gesprächen mit Simon und Matt die Wellenlänge stimmte und weil ich das Gefühl habe, dass die Mannschaft zahlreiche Spiele gewinnen kann. Dieses Gefühl hat sich in Hanau bestätigt. Außerdem haben die beiden mein Spiel wirklich analysiert und kennen meine Stärken und Schwächen genau. Das ist wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden.“

Missverständnisse, wie sie der 27-jährige aus New Jersey zum Beispiel in Panama erlebt hat. „Meine Mutter stammt von dort, deshalb habe ich eine Einladung von der Nationalmannschaft erhalten und auch in der dortigen ersten Liga gespielt. Das Land ist wunderschön, aber die Bedingungen sind doch eher chaotisch. Die Zielstrebigkeit und Effizienz Deutschlands gefallen mir da wesentlich besser“, betont der studierte Marketingexperte, der während seiner Zeit in Bremerhaven seinen Master abschloss. „AA“ sollte also keine lange Eingewöhnungszeit benötigen, bevor er das Rating des BBC COBURG noch einmal anhebt.

 

(BBC Coburg)